Richard Rensch Orgelbau

>> Die Firmengeschichte

Nach seiner Lehr– und Gesellenzeit bei der Firma Eberhard Friedrich Walcker in Ludwigsburg, gründete Richard Rensch (1923 – 1997) am 15. März 1956 seine Orgelbauwerkstatt in Lauffen am Neckar. Zusammen mit seiner Frau Lina bezog er 1959 das heutige Grundstück in der Bahnhofstrasse 100.

Als Intonateur legte er besonderen Wert auf eine sorgfältige Gestaltung der Pfeifenmensuren, die 1968 zur Entwicklung des heute allgemein gebräuchlichen Mensuren-Rechenschiebers (M!) für Orgelpfeifen führte, der in der Erstauflage von Faber-Castell hergestellt wurde.

Ab 1968 wurde im Hause Rensch im Auftrag der International Society of Organbuilders (ISO), die internationale Orgelbau-Fachzeitschrift „ISO-Information“ hergestellt und an 1500 Abonnenten in der ganzen Welt versandt. Richard Rensch prägte von 1970 bis 1990 als Chefredakteur zusammen mit fünf Orgelbauerkollegen aus fünf Ländern die bis dahin und heute einzige Fachzeitschrift für Orgelbauer. Seit 2008 ist sein Sohn Klaus Rensch Editor dieser Fachzeitschrift.

In den 70er-Jahren hatte sich der Orgelbau-Fachverlag konstituiert. Nach zunächst kleineren Schriften schuf Richard Rensch 1978 mit der Veröffentlichung der zweibändigen deutschen Übersetzung des Dom Bedos, einem bekannten französischen Fachbuch des 18. Jahrhunderts, den Grundstein für seine Tätigkeit als Verleger. Heute hat der Verlag etwa 30 Titel und verkauft diese und auch andere Orgelbau-Fachliteratur in alle Welt.

Mit der Orgel für die Evang. Stadtkirche in Unna/Westfalen (1973) hatte die Firma den ersten großen Orgelneubau außerhalb Süddeutschlands, wenn man von dem Continuo-Portativ absieht, von dem etwa 70 Stück in ganz Europa und in die USA geliefert wurden. Richard Rensch hatte bis dahin die meisten Orgeln selbst intoniert und war deshalb zusammen mit seinem Sohn Klaus, damals Orgelbaulehrling, nach Unna gefahren. Am 29. Oktober 1973 stürzte Richard Rensch dort bei Intonationsarbeiten von der Orgel ab und war fortan querschnittsgelähmt.

Ab diesem Zeitpunkt wurden die Kinder Ulrike Schneider (1950–2003) geb. Rensch und Christhard Rensch (*1952, Ausbildung bei Orgelbau Rieger/Österreich) unersetzlich und führten gemeinsam mit Friedrich Seredsus, der 1956 als Lehrling eingestellt und bis zum Erreichen des Rentenalters als Intonateur tätig war, die Geschäfte der Orgelbauwerkstatt zunächst fort.

1983 zog sich Richard Rensch aus der praktischen Orgelbauertätigkeit zurück und übergab die Geschäftsleitung seinem Sohn Christhard, der 1979 die Meisterprüfung im Orgelbauerhandwerk an der Oscar-Walcker-Schule in Ludwigsburg abgelegt hatte. Christhard Rensch prägte den Baustil neuer Orgeln durch die Konstruktion selbsttragender Gehäuse (Kranzbauweise) und Windladen aus Massivholz, hängende Trakturen, eine äußerst kunstfertige Holzverarbeitung und viele Dinge mehr, die er Barockinstrumenten entlehnt hat und wie wir es bis heute handhaben. Die erste große 4-manualige Orgel, die vollständig dem vorgenannten Baustil unterlag, wurde für die Herz-Jesu–Kirche (56/IV) in Bottrop gebaut. Viele Prospektentwürfe für neue Orgeln wurden von Christhard Rensch mit Bleistift und Spitzer gefertigt. Ausgezeichnet werden diese Entwürfe meist durch einen klassischen Werkaufbau mit in der Höhe und Tiefe gestaffelten Rundtürmen. 1990 waren diese Orgeln in Bezug auf die technische Anlage und Verarbeitung bis in das kleinste Detail vollkommen. Erkennungsmerkmale sind eine zentrale Windversorgung, Wellenbretter aus Massivholztafeln und Wellen aus Kiefer oder Eiche. Ausreichend dimensionierte Stimm– und Wartungsgänge, geschlossene Gehäuse mit Rückwand zur besseren Klangabstrahlung und meist süddeutsch-barocke Dispositionen. Regelmäßig wurden große 3-manualige Orgeln, teilweise mit französich-romantischem Einfluss gebaut.

Bis 2008 war neben Christhard Rensch auch sein Bruder, Orgelbaumeister Klaus Rensch, an den betrieblichen Entwicklungen maßgeblich beteiligt. Die Berechnungen unserer leichten und präzisen Spieltrakturen sind ein besonderer Verdienst seiner unermüdlichen Studienarbeiten. Daneben war Klaus Rensch in der Ausgestaltung vieler Orgelprospekte künstlerisch tätig.

Neue Kirchen und Orgelneubauten erfordern immer wieder einen zeitgenössischen Orgelprospektentwurf. Dass das auch auf ein so traditionelles Instrument wie die Orgel übertragen werden kann, zeigen uns inzwischen viele Orgelprospekte, die Philipp Rensch in Zusammenarbeit mit uns entworfen hat. Dipl.–Ing. Philipp Rensch (Orgelbaumeister und freier Architekt) arbeitete bis 1995 im Betrieb und studierte im Anschluss Architektur.

1993 trat Philipp Dominik Neßling (*1974) in die Orgelbauwerkstatt ein. Zeitgleich mit der Fachhochschulreife beendete er zuvor die C–Ausbildung für Kirchenmusiker in Itzehoe. Daneben erhielt er über viele Jahre Trompetenunterricht bei Thomas Sheibels an der Philharmonie in Kiel und nahm erfolgreich an Wettbewerben von „Jugend musiziert“ teil. Bei der Gesellenprüfung zum Orgelbauer wurde er  zum 1.Landessieger ausgezeichnet. Philipp Neßling arbeitete in allen Bereichen der Orgelbauwerkstatt Richard Rensch. Dabei galt sein besonderes Interesse von Beginn an dem Klang und damit verbunden der Intonation neuer und historischer Orgeln. Der Nachbau und die Intonation von zwei durchschlagenden Zungenregistern (Bassethorn 8’ für Göppingen St. Maria, Eberhard Friedrich Walcker erbaut 1844, 26/II und Klarinette 8’ für Mannheim-Sandhofen, Johann-Heinrich Schäfer erbaut 1862, 27/II),  bereicherten seine Erfahrungen auch auf diesem Gebiet. 2004 besuchte Philipp Neßling in Ludwigsburg die einjährige Meisterschule für Orgelbauer und wurde von der Handwerkskammer Stuttgart 2005 als Bestmeister geehrt und ist heute ehrenamtliches Mitglied im Meisterprüfungsausschuss. 2008 trat er in die Geschäftsleitung der Orgelbauwerkstatt Richard Rensch ein und übernahm zwischenzeitlich zusammen mit seiner Frau Esther Neßling, die seit vielen Jahren im Betrieb tätig ist, Betrieb und Gebäude.

Darüber hinaus tragen bis heute viele langjährige, sehr gut ausgebildete und engagierte Mitarbeiter mit Ihrem Können zum Erfolg dieser Orgelbauwerkstatt maßgeblich bei. Dazu gehört auch die Förderung und regelmäßige Ausbildung junger Menschen, die bei uns die Kunst des Orgelbauens erlernen.

Über 260 Orgeln wurden bisher erbaut und restauriert. Sie erklingen in vielen Teilen Deutschlands und seit 2015 auch erstmals in Norwegen (Våler i Solør, 31/II). Neben großen Neubauten wie Kirchheim/Teck, Martinskirche (68/IV), Wertheim, Stiftskirche (III/48), Bottrop, Herz Jesu (56/IV), Würzburg, St. Adalbero (51/III), Mönchengladbach-Odenkirchen, St. Laurentius (40/III), Albstadt-Ebingen, Martinskirche (48/III), Ebersbach/Fils, Herz Jesu (31/III) und Obernburg/Main, St. Peter und Paul (33/II), darf man die viele mittleren und kleinen Orgeln nicht vergessen, die manchmal abseits der großen kirchenmusikalisch bedeutenden Zentren stehen. Sie tun seit Jahren und Jahrzehnten zuverlässig ihren Dienst, oftmals nebenamtlich gespielt und daher nur Insidern ein Begriff. Aber gerade diese Instrumente sind in der Regel Lohn und Brot des Orgelbauers.

Im Werkverzeichnis finden sich zudem viele Rekonstruktionen sowie Erweiterungen. Dabei war es immer eine Herausforderung, vorhandene Spuren zu berücksichtigen und historische Substanz nicht anzugreifen (Klosterkirche Schöntal 1990, Augsburg Heilig Kreuz 1992, Neckarwestheim 2006, Eppingen 2009), und auch Umbauten und Fertigstellungen von Orgeln aus den 60er und 70er Jahren  (Tübingen Stiftskirche 2001, Nördlingen St. Georg 2005, Darmstadt, Ev. Stadtkirche 2006, Würzburg St. Stephan 2015).

Jahrzehnte lange Erfahrung hat die Orgelbauwerkstatt Richard Rensch auf dem Gebiet der Restaurierung. Beispiele wie die Ehrlich-Orgel von 1750 in der evangelischen Stadtkirche Bad Wimpfen, die schon 1972 denkmalgerecht restauriert wurde sowie weitere Orgeln von Ehrlich, Vischer, Metzler, Gruol, Engelfried, Haußdörfer, Schäfer, Gutöhrlein, Stieffell, Voit und Schmahl, um nur einige zu nennen, gingen seit Beginn der 60er-Jahre bis heute durch die Werkstatt.