A – In zwölf Halbtonschritten durch das Jahr 2021

Aufgeräumt – die Kunst der Konstruktion

Oktober

Der kleinste klingende Teil einer Orgel ist von außen sichtbar: Der Prospekt. Dahinter verbirgt sich der Kern des Instruments. In der Rensch-Orgel für Bad Mergentheim finden dort mittlerweile über 2000 Pfeifen Platz, im Instrument für Ravenstein-Merchingen etwa halb so viele. Nebenbei ist die gesamte Orgeltechnik untergebracht – ein Puzzlespiel auf engstem Raum.

Der Konstrukteur hat bei der Planung die komplexe Aufgabe Tontraktur (Weg von der Taste zum Ventil), Registermechanik (Weg vom Registerzug zur Schleife) und Wind (Weg vom Motor zur Windlade) so unterzubringen, dass sich die drei Systeme nicht in die Quere kommen. Auch die spätere Wartungszugänglichkeit darf er nicht aus dem Auge verlieren. Sein verfügbarer Platz ist begrenzt, der Kirchenraum und das Design geben den möglichen Spielraum vor. Jedes Instrument hat seine spezielle Herausforderung, es gilt auszuprobieren, eventuell wieder alles zu verwerfen und von vorn zu beginnen.

Den Konstruktionsprinzipien folgend ist die Basis der Rensch-Orgeln das selbsttragende Gehäuse aus Massivholz. Traditionelle Holzverbindungen sorgen für eine hohe Stabilität und zudem ist Massivholz aus klanglicher Perspektive der beste Resonanzkörper. Beim Auf- und Abbau fügen sich alle Teile wie bei einem Puzzle zusammen. Die Skizze auf Papier von vor über einem Jahr ist nun, fast fertig aufgebaut in der Werkstatt, handfeste, klingende Realität.

 

© Ayleen Kern, 05.10.2021